Informationen zur Kostenübernahme einer Psychotherapie
Veröffentlichung nur mit Genehmigung des Autors, der Landespsychotherapeutenkammer und des Psychotherapeutenjournals.
Mitteilungen der Landespsychotherapeutenkammer
Schleswig-Holstein
Information zur Kostenerstattung
Was tun, wenn die psychotherapeutische Versorgung nicht gewährleistet
ist?
Von Heiko Borchers
Im folgenden Abschnitt soll informiert werden über die Erbringung und Abrechnung von Psychotherapie außerhalb der Vertragspsychotherapie, d. h. ohne eine sozialrechtliche Zulassung innezuhaben. Diese vornehmlich in den Jahren vor 1999 unter dem Begriff der Kostenerstattungspsychotherapie bekannte Möglichkeit, für Versicherte der gesetzlichen Krankenkassen psychotherapeutische Behandlung in Anspruch zu nehmen, ist nicht zu verwechseln mit der jüngst durch das Gesundheitsmodernisierungsgesetz (GMG) eingeführten und für alle Versicherten geltenden generellen Wahlmöglichkeit zwischen Kostenerstattung und Sachleistung gemäß § 13 Abs. 2 SGB V (Näheres hierzu siehe: Best/Gerlach/Kommer/Orlowski/Wasem/Weidhaas, Gesundheitsreform 2004, S. 9 ff).
Es war seinerzeit die erklärte Absicht des Gesetzgebers, mit dem Psychotherapeutengesetz (PsychThG) eine dauerhafte Verbesserung der psychotherapeutischen Versorgung der Bevölkerung zu schaffen. Doch nach wie vor gibt es Regionen mit einer deutlichen Unterversorgung. Besonders bei der Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit Psychotherapie hat das Gesetz vielerorts keine durchgreifende Verbesserung gebracht.
In derartigen Fällen von Unterversorgung haben die Regelungen gemäß § 13 Abs. 3 SGB V und die Gerichtsentscheide, insbesondere der Vergleich vor dem Bundessozialgericht (BSG) vom 21.05.1997 mit Aktenzeichen 6 RKa 15/97 weiterhin Gültigkeit und geben Orientierung. Es ergibt sich hierdurch für den in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherten eine besondere Form der Leistungsbeschaffung und für den Psychotherapeuten ein Weg der Leistungserbringung und Abrechnung ohne Vertragspsychotherapeutensitz.
Vom BSG wurden erstmals deutlich die Bedingungen genannt, unter denen eine rechtskonforme Kostenerstattung (außervertragliche Kostenübernahme) gemäß Sozialgesetzbuch (SGB V) für Leistungen von Psychotherapeuten möglich ist.
- Der Antrag des Versicherten auf Durchführung der Behandlung muss durch einen zur psychotherapeutischen Vertragsbehandlung berechtigen Behandler befürwortet werden (sog. Notwendigkeitsbescheinigung).
- Leistungen in der Kostenerstattung dürfen nur für die in den Psychotherapie-Richtlinien zugelassenen Verfahren erbracht werden.
- Leistungen in der Kostenerstattung (gem. § 13 Abs. 3 SGB V) dürfen nur vergütet werden, wenn ein an der vertraglichen Versorgung beteiligter Psychotherapeut (Arzt, Psychologischer Psychotherapeut oder Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut) nicht zur Verfügung steht.
Es ist dem Wortlaut des Vergleichs (BSG Az. 6 RKa 15/97) nach Sache der zur Sicherstellung der Versorgung verpflichteten Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) und Krankenkassen, einen Vertragsbehandler zur Verfügung zu stellen, nicht Aufgabe des Patienten, sich einen Platz zu suchen. Wenn im Zusammenwirken von Kassenärztlicher Vereinigung und Krankenkasse kein Vertragsbehandler zur Verfügung gestellt wird, sind die Voraussetzungen für eine Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 SGB V erfüllt.
Insofern können KVen und Krankenkassen nicht einfach nur auf Listen mit möglichen Vertragsbehandlern verweisen. Ergibt die Behandlungsanfrage bei einem Vertragsbehandler, dass der nachgefragte Platz nicht zur Verfügung steht, besteht Anspruch auf Kostenerstattung (außervertragliche Behandlung). Mehr als drei vergebliche Behandlungsanfragen sind aus fachlichen Gründen und im Sinne des Gebots einer
humanen Krankenbehandlung nicht zumutbar.
Die Versorgung gilt als sichergestellt, wenn eine indizierte Psychotherapie gemäß Psychotherapie-Richtlinien im Zusammenwirken von Krankenkasse und Kassenärztlicher Vereinigung bei einem Vertragsbehandler zur Verfügung gestellt wird. Wenn kein Platz zur Verfügung gestellt werden kann, ist alternativ Kostenerstattung bei Leistungen durch Psychologische Psychotherapeuten oder Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten begründet. Nun argumentieren Krankenkassen gerne damit, dass sie behaupten, es gäbe ausreichend Behandlungsplätze, man müsse nur etwas warten. Auch hierauf sind die Richter am Sozialgericht eingegangen: Psychotherapie ist häufig eine schnell erforderliche Behandlungsleistung. Nach den Grundsätzen einer humanen Krankenversorgung ist eine behandlungsbedürftige Erkrankung in aller Regel unverzüglich zu behandeln. Mithin sind längere Wartefristen als sechs Wochen als unzumutbar abzulehnen. Im Einzelfall sind möglicherweise Wartefristen bis zu drei Monaten bei Erwachsenen, aber nur sechs Wochen bei Kinder- und Jugendlichen hinzunehmen, wenn dadurch keine akute Gesundheits- oder andere Beeinträchtigungen des Patienten zu erwarten sind.
In der Praxis hat es sich bewährt, dass der Patient bei der Krankenkasse einen formlosen schriftlichen Antrag auf Kostenerstattung für Psychotherapie stellt. Dem Antrag muss die Notwendigkeitsbescheinigung (siehe oben) beigelegt sein und er sollte folgende Angaben des Psychotherapeuten beinhalten: Die Diagnose (gemäß ICD) mit Vermerk, dass es sich um eine Krankheit im Sinne des SGB V handelt und dass die psychotherapeutische Behandlung in seiner Praxis umgehend begonnen werden kann. Des Weiteren Angaben über Art und Umfang der Behandlung, die veranschlagte Anzahl der Sitzungen sowie das Honorar pro Sitzung. Die Krankenkasse ist verpflichtet, den Antrag zu bescheiden. Bei einer Ablehnung kann Widerspruch eingelegt werden.
Generell ist jeder approbierter Psychotherapeut befugt, die heilkundliche Psychotherapie auszuüben (§ 1 PsychThG). Die außervertragliche Psychotherapie darf jedoch von den gesetzlichen Krankenkassen nur erstattet werden, wenn es sich um ein Behandlungsverfahren gemäß Psychotherapie-Richtlinien handelt. So ist es statthaft, wenn die Krankenkasse bzw. deren Medizinischer Dienst (MDK) überprüft, ob die Psychotherapie im beantragten Kostenerstattungsverfahren ein derartiges Behandlungsverfahren darstellt. Es ist nicht Aufgabe des MDK, die generelle Qualifikation des Behandlers zu prüfen. Hierin läge eine grobe Missachtung der Tatsache, dass mit Beginn des Jahres 1999 das Psychotherapeutengesetz in Kraft getreten ist. Außerdem könnte man ein derartiges Vorgehen als eine Diskreditierung der Heilberufe des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten verstehen. Zumindest aus Schleswig-Holstein ist ein solches Ansinnen von Seiten des MDK bekannt.
Mit freundlichen kollegialen Grüßen
Dr. Oswald Rogner, Dr. Angelika Nierobisch, Heiko Borchers, Lea Webert und Peter Koch
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